Entscheidung

Datum: 24.02.2011
Aktenzeichen: 3 TaBV 23/10
Rechtsvorschriften: § 103 BetrVG; § 626 BGB; § 23 BetrVG; § 37 BetrVG; § 2 BetrVG

  1. Wenn ein Betriebsratsmitglied, das im Rahmen eines Seminars "Aktuelle Rechtsprechung zum Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht" an einem halbtägigen Besuch von Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht unter dem Vorsitz eines bestimmten Kammervorsitzenden teilnimmt, während einer Verhandlungspause in dieser Kammer ein Cafe gegenüber dem Gerichtsgebäude aufsucht oder eine Güteverhandlung im Kündigungsschutzprozess eines anderen Mitarbeiters seines Arbeitgebers besucht, ist dies weder ein an sich für eine außerordentliche fristlose Kündigung geeigneter wichtiger Grund noch ein Sachverhalt, der geeigneter Anlass für einen Ausschluss aus dem Betriebsrat wäre. Dies gilt, wenn die pünktliche Rückkehr nach der Verhandlungspause in den Sitzungssaal gewährleistet ist, in dem die im Seminarplan vorgesehenen Verhandlungen stattfinden, und wenn eine solche pünktliche Rückkehr auch tatsächlich stattfindet.
  2. Wenn sich dieses Betriebsratsmitglied nach Scheitern der Güteverhandlung im Kündigungsschutzprozess des anderen Mitarbeiters ungefragt an dessen Rechtsanwalt wendet und diesen darin bestärkt, einen Vergleich wegen fehlerhafter Sozialauswahl und fehlerhafter Betriebsratsanhörung abzulehnen, stellt dies zwar eine arbeitsvertragliche Loyalitätspflichtverletzung dar, die jedoch ohne vorherige Abmahnung in der Regel nicht geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu bilden.
  3. Allerdings gehört eine solche ungefragte "Einmischung" in den Kündigungsschutzprozess des anderen Mitarbeiters grundsätzlich nicht zur erforderlichen Betriebsratsarbeit. Insoweit liegt eine betriebsverfassungsrechtliche Amtspflichtverletzung vor, die jedoch in der Regel bei einem erstmaligen Vorfall dieser Art nicht zum Ausschluss aus dem Betriebsrat berechtigt.
     

 zum Volltext